Flora und Fauna im Emsdettener Venn

Ludwig Klasing:

 – Mit offenen Augen durch das Naturschutzgebiet Emsdettener Venn –

„ein Experte mit Sorgenfalten unterwegs“

Ludwig Klasing berichtet über seine Erfahrungen im Moor, über den Artenrückgang und den Verlus der Artenvielfalt auch im Naturschutzgebiet:

„O, schaurig ist´s übers Moor zu gehen“, ein Zitat aus der Ballade „Der Knabe im Moor“, von Annette von Droste Hülshoff bildet für einen Themenabend über die Schönheit des Emsdettener Venns auch heute noch einen spannender Auftakt. „Da birst das Moor, ein Seufzer geht hervor aus der klaffenden Höhle“, heißt es in einer Zeile, die heute aus ganz anderem Grunde zum Nachdenken anregen muss.

Einen bunten Bilderbogen spannte Ludwig Klasing bei seinem launigen Vortrag über die Flora und Fauna im Emsdettener Venn, mit dem er am Mittwochabend sein Publikum in der Bibliothek begeistern konnte. Aus seinem Fundus von über 20000 Fotos und selbst gesammelten Bilddokumenten zeigte er in einer kleinen Auswahl, wie schön die Natur sein kann, wenn da nicht die Nebensätze wären, die nachdenklich machen. Er entführte sein Publikum in das beliebte Naturschutzgebiet am Rande der Stadt, das von überbordender Vielfalt von an ansonsten selten gewordener Pflanzen und Tieren nur so überzuquellen scheint.

Zeit seines Lebens ist der alte Vennfuchs Ludwig Klasing mit offenen Augen durchs Emsdettener Moor gezogen. Er kennt noch die Zeit, als dort Torf gestochen wurde und die feuchten Niederungen im Umfeld in mühsamer Arbeit trocken gelegt und ausgebeutet wurden. Er zeigt Bilder, wie er damals mit seinem Vater auf dem Torfkarren sitzt oder mit der Familie sonntags spazieren geht.

Aber schon in Kriegszeiten wurde erkannt, wie wertvoll das Gebiet für die Natur ist, 1941 wurde es zum ersten Naturschutzgebiet im Kreis Steinfurt. Aber erst 1968 gab´s dann den letzten Torfstich und die Rettung einer kleinen Restzone des ehemaligen Hochmoores konnte beginnen.

Vor rund zwanzig Jahren begann Ludwig Klasing gemeinsam mit Heinz Rinsche eine Intensivpflege für einen Kernbereich zwischen Turmweg und Hindenburgdamm in die eigenen Hände zu nehmen. Daraus wurde ein Erfolgsgeschichte, auf die er anerkanntermaßen stolz sein kann. Hier in der Kernzone, wo die Vennfüchse vom Naturschutzbund und nebenan auch die Viendüwels vom Heimatbund intensiv arbeiten, wurde das Venn wieder zu einem kleinen Juwel.

Mit seinem Bilderbogen zeigte er in eine überbordende Schönheit, mit der die Natur hier protzen will. Jemand, der wie er, mit offenen Augen durchs Moor streift und immer auch seine Kamera dabei hat, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die bunten Prachtexemplare von Marmor-Spinnen oder Blaukehlchen sind nur einige der Stars, die abgelichtet wurden. Jeder Vogel, jedes Insekt oder die vielen Eidechsenarten, die hier unterwegs sind konnte er mit seiner Linse einfangen.

Der alte Naturschützer kommt bisweilen ins schwärmen, wenn da die Nebenaspekte nicht wären. Denn sein Archiv dokumentiere deutlich mehr, als es heute dort in der freien Natur noch zu sehen gebe, wie er mit Wehmut in der Stimme anmerkt. Die beiden letzten trockenen Sommer haben dem Venn arg zu schaffen gemacht. Für die Regeneration des Moorkörpers fehlt Wasser.

Und wo bleibt der kleine Fuchs, ein Alltags-Schmetterling oder das Rebhuhn, die einst überall zu finden waren. Die Vielfalt und und Artenfülle auch in diesem kleinen Naturareal sind gefährdet, denn auch der Fuchs oder der Rabenvogel, der nebenan wohnt und dort in der Landschaft nichts zu futtern findet geht ins Moor, um sich dort am reichlich gedeckten Tisch zu bedienen. Und wenn sich aufgrund des Klimawandels zudem auch auswärtige Gäste wie der Kranich und die Feuerlibelle hier ein neues zuhause suchen, ist nicht genug für alle da. Die Meisen schieben Kohldampf und müssen inzwischen Insekten fressen, die sie ehemals weit umkreist hätten. Insgesamt ist auch in der Tierwelt ein brutaler Verteilungswettkampf um die besten Pfründe entstanden. Hier tobt ein Verdrängungswettbewerb, den wir eigentlich so nicht wollen, so das bittere Fazit des Naturschützers. Dabei stellt er sich die Frage, worum ging es den Landwirten, als sie auf der Straße demonstrierten?

Ein beeindruckender Abend, bei dem man auch das Politische im Hintergrund nicht überhören konnte.

 

 

 

 

23.10.2019 Friedel Hesseling

Der Bericht erschien in der Emsdettener Volkszeitung

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