Georg Müller, Wallheckenexperte zu Gast in Emsdetten

Georg Müller, der Wallheckenexperte fordert eine neue Ethik im Umgang mit der Natur

Georg Müller

„Wallhecken waren einst die Juwelen unserer Kulturlandschaft, aber diese Zeit ist lange vorbei“, so das Fazit des Wallheckenexperte Georg Müller. Seit über 40 Jahren ist er ein Kämpfer, der sich für das Überleben der Hecken einsetzt. Am Freitag, 29. März 2019 war er zu Gast in Emsdetten.

Lesen Sie hier deb Bericht vom Tage:

Die große Zeit der Wallhecken war um das Jahr 1842, das ergibt eine gesicherten Bestandserhebung aus der damaligen Zeit. Noch im 19. Jahrhundert wurden die Wallhecken als Juwelen der Landschaft gehegt und gepflegt. Damals waren sie Refugien für viele Tier und Pflanzen. Heerscharen von Insekten aller Art und ebenso viele heimische Pflanzenarten hatten hier in der westfälischen, kleinbäuerlich geprägten Landschaft ihre Heimat.

„Damit beschreibe ich eine sterbende Kulturlandschaft“, erklärte Georg Müller, der in Fachkreisen auch als Papst der Wallhecken tituliert wird, in seinem Vortrag am Freitagabend Denn von den 1842 kartierten Wallhecken sind in der Landschaft zwar immer noch rund 20% nachweisbar. Aber lediglich ein verschwindender Teil von nur noch 4% sind in einem guten ökologischen Zustand, so seine wissenschaftlichen Ermittlungen. „Die Menschen haben den Wert dieser prägenden Landschaftselemente bis heute nicht erkannt“, so lautet sein vernichtendes Urteil.

Die Emsdettener Umweltverbände BUND und NABU hatten den 68jährigen wissenschaftlichen Buchautor eingeladen, um „über sein Leben im Zeichen der Wallhecken“ zu berichten. Dabei geht es Müller um seine Herzensangelegenheit, für die er zum Kämpfer wurde, denn Wallhecken sind wertvolle Lebensräume und uralte Kulturdenkmäler und stehen auch deswegen unter Naturschutz. Der Verlust von natürlichen Lebensräumen und das Verschwinden von Arten sind spannende Themen, die aktuell politisches Handeln in den Focus rücken, aber war es allein dem frühlingshaften Wetter geschuldet, dass nur wenige Interessierte an diesem Abend den Weg in den Gemeindesaal der Gustav-Adolf Gemeinde gefunden hatten?

Landschaften selbst erkunden, das ist seine Maxime, mit der er 32 Länder der Länder bereist hat, allein um dabei den Wallhecken auf der Spur zu kommen und sie zu kartieren. Am Nachmittag hatte Georg Müller an einer Exkursion in den Brook und an die Ems teilgenommen, um sich ein aktuelles Bild von der Landschaft vor unserer Haustür zu machen. Besonders begeisterte ihn dabei die renaturierte Ems bei Hembergen.

In seinem Vortrag am Abend beleuchtete er die Geschichte der Hecken und Feldeinfriedungen im Laufe der Menschheitsgeschichte. Wie wichtig die Nachhaltigkeit für die Lebensqualität der Menschheit ist, erkannte bereits 1713 Carl von Carlowitz, der die stringente Bewirtschaftung der Wälder einführte, um den damaligen Raubbau an der Natur zu beenden. Seither prägten die Wallhecken insbesondere auch die münsterländische Parklandschaft. Erst die Erfindung des Stacheldrahtes läutete deren Niedergang ein, noch gravierender war aber die Industrialisierung der Landwirtschaft, die deren Tod bedeute. Seine Landschaftsbilder zeigen den Wandel in der Landschaft, sie sprechen für sich, zeigen die tiefen Wunden, die eine tiefgrüne ökologische Einöde hinterlassen, viele erklärende Worte wären da nicht mehr nötig.

Dabei ist dem Landschaftsökologen an einer faire Diskussion auf Augenhöhe gelegen, denn nur diese könne zu einem vernünftigen Ziel führen, so seine Idee. „Schließlich ist es kein Spiel, sondern alle Menschen sind durch ihren Konsum und ihr Handeln auch Täter“, womit er eindringlich für ein nachhaltiges Naturverständnis werben wollte.

„Wem soll man daraus einen Vorwurf machen, wenn der gesellschaftliche Wandel gleichzeitig auch gesellschaftlicher Konsens ist und die Zunahme der Weltbevölkerung dafür eine der wesentlichen Ursachen ist?“ so sein Statement, mit dem er an Ende seines Vortrags zur Diskussion anregte.

Es war ein spannender Ausflug in die Landschaftsökologie, da war sich das Publikum an diesem Abend einig.

 

01.04.2019 Friedel Hesseling

Hinweis: Text am 01.04.2019 erschienen in der EV – Emsdettener Volkszeitung

 

 

Georg Müller, Biologe aus Ganderkesee im Oldenburger Land, (geb. *1950) ist Experte für Wallhecken. Seine Bücher über die Feldeinfriedungen Europas, den Wallhecken (Knicks), Hecken und Feldmauern sind das Ergebnis einer über 30 jährigen intensiven Forschung, für die der Autor über 32 Länder Europas besuchte und Wallhecken kartierte. Zudem ist das Gesamtwerk – sein Lebenswerk- wohl die umfassendste Dokumentation von Kulturdenkmälern die es gibt und gilt unter Wissenschaftlern als Standardwerk.

Infos: Georg Müller

Georg Müller …. einer dieser Experten, wenn nicht der Experte auf dem Gebiet der Zaun-Forschung. Sein 1.280 Seiten starkes Buch „Europas Feldeinfriedungen“ gilt unter den europäischen Vegetationswissenschaftlern und Geobiologen als Standardwerk.

Seit etwa 35 Jahren beschäftigt und engagiert mit den Themen “ Wallhecken, Pilze, Schlatts, Natur- und Umweltschutz sowie soziale Belange.

1989 veröffentlicht erstes Wallheckenbuch, mit dem Titel “Wallhecken: Enstehung-Pflege-Neuanlage” bei der BSH (Biologische Schutzgemeinschaft Weser- Ems).in Wardenburg.(256 Seiten /  DIN A 4). Der Inhalt des  Buchs wird mittlerweile in fast jeder Fachveröffentlichung über Wallhecken sowie in verschiedenen Naturschutzgesetzkommentare zitiert.

Georg Müller aus Ganderkesee liebt die Wallhecken seiner norddeutschen Heimat. Für ihn sind sie extrem wertvolle Lebensräume und uralte Kulturdenkmäler. In Niedersachsen stehen sie unter Schutz, aber trotzdem verschwinden sie nach und nach aus der Landschaft.

Info NDR:

NaturNah: Ein Leben für die Wallhecke

NDR von: Dienstag, 16. Oktober 2018,

Georg Müller kämpft für den Erhalt der Wallhecken.

Der 67-Jährige will das nicht akzeptieren: Seit fast 40 Jahren kämpft Georg Müller für das Überleben und den Erhalt der letzten Hecken, hilft bei der Pflege und schreibt preisgekrönte Bücher zu dem Thema. „Früher standen diese dicht bewachsenen Wälle überall. Die Bauern nutzten sie als eine Art natürlichen lebenden Zaun für ihr Vieh und als Grenzen“, sagt er.

Mit der Erfindung des Stacheldrahtes waren Wallhecken out, nach und nach ließ man sie absterben oder man pflügte sie einfach weg. „Für mich ist das eine der Hauptursachen für den Insekten- und Vogelrückgang“, meint der Experte. Sein Einsatz für die Wälle zahlt sich aus: Allein in Ganderkesee wurden 20 Kilometer neu angelegt. Die Dokumentation aus der Reihe NaturNah begleitet Georg Müller übers Jahr.

 

 

Georg Müller

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