„Wir haben es satt!“ eine eindrucksvolle Demonstration in Berlin

 

Auch ein Fähnlein von aktiven Umweltschützern aus dem Kreis Steinfurt hat sich am Samstag aufgemacht, an der Demonstration für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik in Berlin teilzunehmen. Verstärkt wurden sie von Bio-Landwirten, Imkern und vielen weiteren Aktiven aus entwicklungspolitischen und anderen Gruppen aus dem gesamten Kreisgebiet.

 

In Berlin sind wir dann 23.000 Menschen, die unter dem Motto „Wir haben es satt! – Bauernhöfe statt Agrarindustrie“ gegen Lebensmittelskandale, Gentechnik im Essen, Tierquälerei in Megaställen und für eine bäuerliche, ökologische und zukunftsfähige Landwirtschaft demonstrieren.

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Das Podium ist direkt vor dem Kanzleramt. Angeführt von Treckern und Motivwagen geht der Demozug zum Regierungsviertel. Direkt vor dem Kanzleramt findet dann die Podiumskundgebung statt.

Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland kritisiert in seiner kämpferischen Rede:

„Die hoch subventionierte Agrarindustrie produziert auf dem Rücken der Tiere, der Umwelt, der Konsumenten und auch der Steuerzahlen. „Der Verbraucher muss wissen, dass er für jedes billige Kilo Schweinefleisch aus industrieller Tierhaltung noch mal einen Euro dazuzahlen muss, um die Folgekosten dieses Wirtschaftens als Steuerzahler zu finanzieren“, sagt er, zudem gefährdet die Massentierhaltung auch die öffentliche Gesundheit, etwa durch Bakterien die gegen Antibiotika resistent sind und aus Hühnerställen übertragen werden“.

Stattdessen verlangt der Umweltschützer eine „bäuerlich strukturierte Landwirtschaft“. „Wir fordern, dass diejenigen öffentliche Gelder erhalten, die es verdienen – die anständig mit Tieren, mit Landschaften und mit den Menschen umgehen.

Mit der agrarindustrielle Produktion muss es vorbei sein, denn wir wollen keine Bilder ertragen von geschundenen Kreaturen mit kupierter Schnäbeln, Schweinen ohne Schwänze oder Tiere, die sich nicht bewegen können“, so der BUND-Chef.

Mariann Bassey aus Nigeria, Sprecherin von Friends of the Earth, dem internationalen Dachverband des BUND, erläutert die Sichtweise Afrikas: „Die globalisierte Politik hat die schrankenlosen Spekulationen auf Lebensmittel erst ermöglicht und ist gleichzeitig für den Landraub für Futtermittel und Agrosprit in den Ländern des Südens verantwortlich. Beides treibt dort die Lebensmittelpreise hoch und schließt Hungernde vom Zugang zu fruchtbarem Land und zu Lebensmitteln in Afrika aus. Für das Menschenrecht auf Nahrung müssen Spekulation und der Agrospritboom ausgebremst werden. Die europäische Agrarpolitik braucht eine Kehrtwende weg von der Überproduktion und von Fleischexporten.“ Der Weg zu einem fairen Handel müsse zur Normalität werden.
Sarah Wiener, Köchin, Gastronomin und Buchautorin wirbt: „Ich stehe auch beruflich dafür, nur gesundes Essen anzubieten, denn nur gesunde Ernährung ist die Grundlage für ein gesundes Leben von Mensch und Tier!“ und weiter erläutert sie ihr Bedenken: „jüngst wurden antibiotikaresistente Keime in Hühnerfleisch gefunden – dies ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs. Wir haben diese ständigen Lebensmittelskandale satt. Es ist höchste Zeit, dass endlich grundlegende Konsequenzen daraus gezogen werden. Wir müssen weg von der Agrarindustrie, hin zu einer bäuerlichen und nachhaltigen Landwirtschaft.“

Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, betont in seinem Beitrag: „Wir als Verbraucher und als Erzeuger bestimmen den Mainstream, selbst Supermarktketten werben inzwischen mit öko, fair und regional. Da muss die Politik nun langsam nachkommen.

Der EU-Argrarkommisar Dacian Ciolos etwa will, dass Bauern ab 2014 im Gegenzug für Subventionen 7 Prozent ihrer Fläche für Hecken, Wälder und Brachen reservieren. Die CSU-Bundesministerin Aigner sei dagegen. „Wir brauchen den Druck von der Straße“, so Baringdorf. Darauf reagiere die Politik – das habe der Atomausstieg nach Fukushima gezeigt.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, stellt fest:
„Es geht um die Systemfrage: Wir dürfen es nicht weiter zulassen, Tiere in Haltungssysteme zu zwingen, die ihnen Schmerzen und Leid zufügen! Denn das ist heute Alltag für Millionen von Tieren in den Intensivhaltungen.

Auch die weiteren Redner sind sich einig, dass ein Wandel in der EU Agrarpolitik und vor allem in der deutschen Politik schnell erfolgen muss.

EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hat manche der Forderungen zumindest im Ansatz in seine Reformpläne für die jährlich rund 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen übernommen. Und selbst Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) bekennt sich mittlerweile zu dem Grundsatz „Öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen“.

Der politische Druck für eine neue Agrarpolitik muss erhöht werden!

„Wir treffen uns nächstes Jahr wieder,“ sagten die Organisatoren. „Und wir werden gewinnen“
Dafür bekommen sie den Applaus der Demonstranten, die augenscheinlich eher dem gemäßigten Bildungsbürgertum als dem radikal linken Milieu angehörten. Dass die Bewegung gegen die Agrarindustrie inzwischen weit in die Gesellschaft hineinwirkt, zeigt auch das breite Echo in der Öffentlichkeit und in allen Medien.

Es ist eine eindrucksvolle Demonstration

Der zwischenzeitlich einsetzende Schneeregen bringt der Stimmung keinen Abbruch, denn neben den Redebeiträgen gibt es Musikeinlagen, spontane Tanzeinlagen und auch viele Informationsstände. Zur Stärkung wird dazu die auch von Sarah Wiener mitangerührte Öko-Suppe konsumiert, die von den eifrigen Initiatorengruppen kreierte wurde. Das Wetter spielte nicht mit, aber mit der Abschlussmusik im Ohr geht die Veranstaltung zu Ende bevor man sich gegen 15:00 Uhr wieder auf den Heimweg machen kann.

Bericht:

Emsdetten 21. Januar 2012

Friedel Hesseling

BUND –Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.

KG Steinfurt

www.umweltverbaende-emsdetten.de

 

 

Mehr Informationen

BUND.net

Reinhild Benning, BUND-Agrarexpertin: Mobil: 0175-7263779, reinhild.benning@bund.net

Jochen Fritz, Kampagne „Meine Landwirtschaft“, Mobil: 0171-8229719, fritz@meine-landwirtschaft.de

 

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