Stellungnahme: Planfeststellungsverfahren für den Neubau der K 53n Westumgehung Emsdetten

Stellungnahme der anerkannten Naturschutzverbände im Rahmen des Anhörungsverfahren gem. § 39 StrWG NRW

Stellungnahme namens und in Vollmacht der in NRW anerkannten Naturschutzverbände BUND, LNU und NABU:

Auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen lehnen die anerkannten Naturschutzverbände den Neubau der K 53n Westumgehung Emsdetten sowie die weiteren beantragten Maßnahmen wegen des fehlenden Bedarfes und der außerordentlich hohen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft ab.

Die in dieser Stellungnahme vorgenommenen Vorschläge, sind als Anregungen/Forderung für den Fall zu verstehen, dass die Planung trotz Ablehnung durch die anerkannten Naturschutz- verbände verwirklicht werden sollte. Die grundsätzliche Ablehnung der Straßenplanung wird dadurch nicht tangiert.

Begründung:

 

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Am Bedarf vorbei: Neue Straßen erzeugen neuen Verkehr. Trotz des demografischen Wandels wird in Emsdetten von einem weiteren Wirtschaftswachstum ausgegangen. Zusätzliche Wohn- und Gewerbegebiete entstehen. Insbesondere die Verlagerung von Industrieflächen weiten das genutzte Siedlungsgebiet Emsdettens aus. Der dadurch hervorgerufene unverändert übermäßige Verbrauch von Naturflächen am Stadtrand soll nun auch den Neubau der Westumgehung durch die Landschaft rechtfertigen.

Nachhaltiges Verkehrskonzept erforderlich:

Notwendig ist ein integriertes Verkehrskonzept, das nicht nur die Verlagerung von Verkehr auf andere Straßen, sondern auf andere Verkehrsträger beinhaltet und motorisierten Verkehr vermeidet statt zu provozieren. Ohne eine auf Nachhaltigkeit bedachte integrierte Planung, die nicht in erster Linie Autofahren erleichtert, sondern Zufußgehen, Radfahren und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiv macht und damit zur Reduzierung und gleichzeitig Humanisierung des Verkehrs beiträgt, kann mit einem Neubau von Straßen das Ziel der Hebung von Wohn- und Aufenthaltsqualität (hier z.B. in der Reckenfelder Str. und Grevener Damm) nicht erreicht werden.

Keine regionale und keine örtliche Verkehrsentlastung:

Der Neubau der Westumgehung Emsdetten wird als weiträumige Umgehungsstraße vom Kreis Steinfurt projektiert. Argumentiert wird u.a. auch damit, dass sie u.a. auch als Entlastungsstraße für Rheine dienen soll. In den Planfeststellungsunterlagen wird dargelegt, dass Verkehrsströme, die den Raum Rheine betreffen, nicht von der Neubautrasse beeinflusst werden. Hauptverkehrslastträger der diesbezüglichen Verkehre laufen im Planungsgebiet der Stadt Emsdetten vorrangig über den Grevener Damm. Gemäß den Verkehrszählungen und den Verkehrsprognosen des Planungsbüros ist die Verkehrsbelastung auf dem Grevener Damm aktuell sehr hoch (11.500 bzw. 15.200 PKW und 1.340 bzw. 3.010 LKW per 24/h), diese hohe Verkehrsbelastung nimmt in jedem Szenario (mit / ohne Neubau) bis zum Prognosejahr 2025 deutlich zu und zwar bis zu 25%. Eine Rechtfertigung eines Neubaus der Westumgehung unter diesem Aspekt wird daher nicht akzeptiert. Der unnötig angezogene überregionale Verkehr (Münster – Rheine) würde zudem die Gemeinde Neuenkirchen / St. Arnold zusätzlich belasten. Weiterhin wird der Neubau als innerörtliche Entlastung für Emsdetten propagiert. Die innerstädtischen Trassen Borghorster Str. / Neuenkirchener Str. / Nordwalder Str. / Reckenfelder Str. – sowie Taubenstr. / Lerchenfeld – K53 (alt) sollen durch den Neubau der Umgehungstrasse entlastet werden, ebenso wie die Querspangen -Am Strietbach / Neubrückenstraße. Die in den Planungsunterlagen getroffenen Feststellungen und Annahmen zur inner-örtlichen Entlastungswirkung eines Neubauvorhabens sind falsch.

Verkehrsprognose 2008 – 2025:

Die Planung der K53n wurde zu Beginn der 90er-Jahre mit dem Ziel initiiert, die Stadt Emsdetten insgesamt, insbesondere aber die B481 und die K53, erheblich und nachhaltig (vom Durchgangsverkehr) zu entlasten. Mehrere verkehrliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die K53n keine wesentliche Entlastung auf der B481 und auch den anderen Stadtstraßen bringen kann. (Die Verkehrsbelastung einer Stadt in der Größe Emsdettens wird im wesentlichen vom Quell- und Zielverkehr geprägt, den eine Umgehungsstraße nur ungenügend aufnehmen kann.) Allenfalls auf der parallel geführten K53 wurde in einigen Abschnitten eine moderate Entlastung prognostiziert. Gleichwohl wurde bei der Trassierung der K53n im Linienbestimmungsverfahren eine deutliche Entlastung von K53 und B481 vorausgesetzt (siehe dort, Erläuterungsbericht Seite 1-3) und bildete die Basis für die Variantenuntersuchung (die im übrigen durch gezielte Grundstücksverkäufe der Stadt am Tag vor dem Abstimmungsgespräch beeinflusst wurde). Im Planfeststellungsverfahren wird ausschließlich eine Entlastung der K53 angestrebt (Pkt 2.1, Seite 6). Die B481 erfährt nun eine zusätzliche Mehrbelastung von 25%. Damit wird dem Linienbestimmungsverfahren die Plausibilität der Begründung entzogen. Die dortige Variantendiskussion gerät in eine Schieflage, da sie von falschen Voraussetzungen ausging. Das Linienbestimmungsverfahren ist daher nicht geeignet die Vorzugsvariante für die Planfeststellung zu ermitteln. Der im Planfeststellungsverfahren gewählten Variante fehlt damit die Grundlage und ist abzulehnen. Die Neuplanung der Westumgehung soll rechtfertigen, dass eine überregionale Entlastungswirkung als weiträumige Umgehungsstraße für Rheine, zu erzielen sei. Innerstädtisch sollen Grevener Damm und Reckenfelder Str. entlastet werden: Gemäß der vorliegenden Verkehrsuntersuchung wird festgestellt, dass der Neubau dieser Trasse lediglich eine Entlastung –bezogen auf die Planzahlen bis 2025 – auf der Reckenfelder Str. von 25% ergäbe, die übrigen Trassen werden um rd. 35% entlastet, dagegen gibt es auf dem Grevener Damm keinerlei Entlastung ( + 25%) im Gegenteil eine Zunahme. Hier will man Planungsdruck erzeugen, dass eine Entlastung des Grevener Damms nur erfolgen wird, sofern die geplante Westumgehung Richtung Nord bis zum Anschluss Teekotten/B 481 durchgebaut würde.

Ergebnis der UVP wird ignoriert:

Eine umwelt- bzw. naturfreundlichste Trasse gem. UVP wird ignoriert! Die ungünstigste Variante / ortfernste Trasse wird gewählt!

Damit wird, wie im Bericht festgestellt, das Verhältnis erzielbarer Entlastungen der innerörtlichen Belange unter gravierenden und sehr weit reichenden Zusatzbelastungen im bislang unbelasteten Freiraum erkauft, der auch der Naherholung dient. Wie oben bereits angemerkt, würde der Grevener Damm keinerlei Entlastung erfahren. Weiterhin wird die Reckenfelder Str. nicht die in den Planungsunterlagen angemerkte Entlastung erfahren. Um in diesem Straßenbereich eine Entlastung erzielen zu können, wäre allein ein Neubau einer Trasse erforderlich, die nahezu parallel zur bestehenden Straße laufend, den Verkehr aufnehmen könnte. Dies kann allein durch die Variante ABS bzw. K geschehen.

Die Variante „Planfeststellung“ (weiterhin „P“ genannt) verläuft quer zu den Verkehrs-strömen die von Münster (Greven/Reckenfeld) Richtung Emsdetten-Mitte und nördl. Stadtgebiet tendieren. Diese Ziel- und Quellverkehre nehmen die kürzesten Verbindungen, die auch nach dem Neubau über die Reckenfelder Str. läuft, denn ein Abfluss Richtung Stadt würde frühestens an der Borghorster Str. erfolgen können. In den Planunterlagen wird für die Reckenfelder Str. eine Verkehrsreduzierung von bis zu 50% prognostiziert. Die in den weiteren Szenarien angenommene Entlastungswirkung in diesem Bereich von lediglich 25% bis max. 35% halten wir für realistisch. Ebenso sind die Entlastungswirkung z.B. für die Nordwalder Str. und die Borghorster Str. , unter 25% anzusetzen.

In früheren Einlassungen wurde der Bevölkerung zudem erklärt, dass die innerstädtischen Querspangen „Am Strietbach“ / „Neubrückenstr.“ ebenfalls eine Entlastung durch die Westumgehung erfahren sollten. Gemäß Verkehrsbeobachtungen können rd. 90% dieser Verkehrsbelastung nicht auf eine weit außerhalb liegende Westumgehung umgeleitet werden. Die Aufgabenstellung der Verkehrsuntersuchung war unzureichend. Die Qualität der Ziel- und Quellverkehre unter den Gesichtspunkten der Nutzungswahl von kurzen Routen und konkurrierenden Wegen wurde nicht adäquat berücksichtigt.

Eine weiträumige Umleitung von Verkehren über eine Neubautrasse reduziert den Verkehr an den neuralgischen Straßen nicht. Eine regionale Verbesserung würde lediglich eine Variante ABS oder K erfüllen.

Da laut vorliegender UVP eine wesentliche Entlastung (s.o.) nur mit einer anderen Lösung erreicht werden könnte und falsche Prognoseansätze unnötige Eingriffe in die Landschaft durch die weiträumige Trasse rechtfertigen sollen, lehnen wir die Neubaumaßnahme aufgrund der Trassenwahl „P“ ab.

Rückbau von belasteten innerstädtischen Straßen:

Die Begründung der Baumaßnahme basiert im Planfeststellungsverfahren nahezu ausschließlich auf der Entlastung der K53. Entsprechend den Zielen des Landes muss bei Ortsumgehungen

• eine deutliche Entlastung von Stadtstraßen erfolgen

• die entlastete Straße zurückgebaut werden.

Ein Rückbau der K53 ist jedoch nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Die K53 ist dort, wo Wohnbebauung angrenzt, in den letzten Jahrzehnten oft anbaufrei gestaltet worden. Die angrenzenden Wohngebiete (z.B. Lerchenfeld) sind mit Lärmschutzwänden oder -wällen zur K53 abgeschirmt worden. In 2009 ist eine entsprechende Verfahrensweise auch mit dem geplanten Wohnbaugebiet an der Josefschule vorgesehen. Diese Vorgehensweise lässt den Schluss zu, dass mit einer spürbaren Entlastung der K53 nicht gerechnet wird. Man ergreift Maßnahmen, die sich mit der Hauptverkehrsstraße arrangieren. Damit muss die Notwendigkeit der Maßnahme in Frage gestellt werden. Es fehlt eine plausible Planbegründung. Der Neubau dieser Trasse wäre ggfls. zu rechtfertigen, sofern innerstädtische Straßen rückgebaut würden. Aufgrund des auch nach einem Neubau der Westumgehung zu erwartenden weiterhin hohen Verkehrsaufkommens auf diesen Straßenbereichen wird dies aber z. Zt. nicht erwogen.

Zu großer Landschaftsverbrauch durch die geplante Westumgehung:

Durch den Neubau dieser Trasse würden 6,5 ha Boden zusätzlich versiegelt, insgesamt würden für die Baumaßnahme 21,1 ha Fläche beansprucht. Landwirtschaftliche Verkehre sowie die sonstigen Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer und Fußgänger, die in der Planung nur unzureichend Berücksichtigung finden, sollen von der Nutzung der Straße ausgeschlos-sen werden. Der dadurch erforderliche zusätzliche Neubau von landwirtschaftlichen Verbindungen führt zu der unnötig hohen Versiegelung. Die Hochlage der Trasse würde zudem unnötige Erdmassen als Grundierung erfordern. Da über die Beschaffung der Massen ggfls durch Entsandung anderorts nichts zu erfahren ist, würde zusätzlich ein unnötig erscheinender Eingriff in den Naturhaushalt erforderlich, der gesondert abzuwägen wäre. Wir fordern, dass eine diesbezügliche nachhaltige Kompensation dieses Eingriffs auch in diesem Verfahren erläutert und festgeschrieben wird.

Ungerechtfertigte Verschwendung von Steuermitteln:

Die Gesamtkosten des Projektes werden heute mit € 16 Mio. angegeben. Die abschließende Kostenschätzung wird erfahrungsgemäß deutlich höher ausfallen. Ein wesentlicher Kostenträger des Projektes wird der Kreis Steinfurt sein. Aufgrund der angespannten Finanzlage ist der Kreis derzeit schon nicht in der Lage erforderliche Straßenrenovierungsmaßnahmen im Kreisgebiet durchzuführen. Aufgrund der nur u.E. geringen Entlastungswirkung des Verkehrs in Emsdetten von 25% bis 35% und den unverhältnismäßig hohen Kosten und des großen Flächenverbrauchs ist die Neubaumaßnahme abzulehnen.

Ausweitung der Lärmbelastung:

In der Betreuung vieler Naturschutzgebiete haben wir erfahren, dass inzwischen eine steigende Anzahl von Besuchern aus der Stadt und den Umlandbereichen hier her kommen, um neben dem Naturerlebnis den geringeren Lärmpegel bzw. die unverfälschten Naturgeräusche zu genießen. Dies vorausgeschickt, kann es nicht richtig sein, dass durch den Neubau einer weiträumigen Umgehungstrasse im südl. und westl. Teil Emsdettens in einer bisher ruhigen landwirtschaftlichen Lage eine zusätzliche erhebliche Lärmbelastung erfolgen soll. Die innerstädtischen Anwohner der überregionalen Trassen Borghorster Str. / Neuenkirchener Str. / Nordwalder Str. / Reckenfelder Str. – sowie der K53 (alt) sollen durch den Neubau der Umgehungstrasse entlastet werden, weiterhin sollen die Gewerbegebiete der Stadt Emsdetten besser verknüpft werden. Dieses Ziel wird nicht erreicht. Der vorliegende Planungsbericht erwähnt, dass auch nach einem Neubau der Umgehungsstraße eine wesentliche Entlastung der v. g. innerstädtischen Straßen nicht erfolgen wird, da es sich beim Verkehrsaufkommen vorwiegend um Ziel- und Quellverkehre handelt, die den städtischen Siedlungsraum frequentieren und eine weit außerhalb liegende Umgehungsstraße eher selten nutzen werden. Auch der Verkehr zur Verknüpfung der Gewerbegebiete (mit Wohngebieten) in Emsdetten wird erfahrungsgemäß die kürzesten, innerstädtischen Verbindung wählen und nicht auf weit außerhalb liegende Trassen ausweichen. Eine Verschärfung bzw. Ausweitung des entstehenden Lärmteppichs in der Landschaft würde durch die geplante Dammlage der Neubautrasse erfolgen, die im ersten Bauabschnitt 1,76 Meter, im zweiten Bauabschnitt 2,17 Meter und im dritten Bauabschnitt 1,64 Meter über dem Gelände liegen soll und zudem mit Wällen bzw. Lärmschutzwänden ausgestattet werden soll. Diese landschaftliche Hochlage bewirkt eine erhöhte und weit in die Fläche wirkende Verlärmung. Die Verkehrsuntersuchung konstatiert, dass zusätzlicher Lärm entstehen wird, der nicht kompensiert werden kann. Die Planunterlagen verifizieren die Verkehrsprognosen nicht ausreichend. Wie stellen fest, dass durch die Baumaßnahme lediglich der Verkehr verlagert werden soll Dies rechtfertigt nicht, eine Westumgehung zu erstellen und damit die freie Landschaft zusätzlich großflächig zu verlärmen.

Der Artenschutzbeitrag ist grob fehlerhaft:

Der Artenschutzbeitrag zum Neubau der K53n – Westumgehung Emsdetten – vom November 2008 ist grob fehlerhaft.

Laut Kapitel 2 (Methodik) war Vorgabe, dass bei der Bearbeitung des Artenschutzbeitrages u.a. die Arten des Anhanges IV FFH-Richtlinie, die gleichzeitig gemäß §10 BNatSchG „streng geschützt“ sind, Berücksichtigung finden müssen. Dies gilt auch im Nachgang für die Bewertung der Planungsvarianten und bei der Aufstellung eines Landschaftspflegerischen Begleitplanes.

Avifauna

Die Avifauna wurde im Jahre 2000 erfasst. Es wird stark bezweifelt, dass die vor neun Jahren erhobenen Daten für das Planfeststellungsverfahren und für den Landschafts-pflegerischen Begleitplan heute noch von großer Bedeutung sind.

Amphibien

Für die Amphibienerfassung haben lt. Darstellung des Gutachters Laichgewässerkontrollen am 23.03. und 06.04.2000 stattgefunden. Dabei wurde nach Laich, Adulten und Larven von Amphibien, auch durch Abkäschern der potenziellen Laichgewässer, gesucht. Im Ergebnis wird dort festgehalten, dass neben dem Bergmolch ( Triturus alpestris) lediglich Grasfrösche (Rana temporaria) , die Erdkröte (Bufo bufo) und Frösche des Wasserfrosch-Komplexes (Rana kl. esculenta) gefunden wurden.

In Kapitel 3.3 (S. 6) wird daher als Ergebnis festgestellt, dass planungsrelevante Amphibienarten im Untersuchungsraum nicht heimisch seien.

Kritik an Art und Weise der Durchführung des Gutachtens

Zunächst ist zu kritisieren, dass die Untersuchung vor inzwischen neun Jahren stattgefunden hat. Wer sich fachlich mit der Sukzession von Stillgewässern beschäftigt, dem sollte bekannt sein, dass neun Jahre für die Entwicklung eines Gewässers einen langen Zeitraum bedeuten und dieser selbstverständlich auch einen Einfluss auf das Amphibienvorkommen haben kann. Allein schon deshalb ist die Verwendung des Gutachtens aus dem Jahr 2000 für das Planfeststellungsverfahren ab 2009 fragwürdig.

Des Weiteren zeigen die Inhalte und Methoden der systematischen Kartierungen (Kapitel 3.2), dass bei der Erfassung der Amphibien methodische Fehler dazu führen, dass sowohl Schwanzlurche, als auch diverse Froschlurch-Arten gar nicht erfasst werden konnten. Dem Auftraggeber hätte nach Vorlage der Ergebnisse, allein schon durch das Fehlen des Teichmolches (Triturus vulgaris) , der häufigsten Schwanzlurch-Art, auffallen müssen, dass hier Defizite in der Erfassungsmethodik vorliegen müssen.

Tatsächlich ist die Methodik des Abkäscherns eines Gewässers an sich schon wissenschaftlich ungeeignet den Schwanzlurchbestand eines Gewässers zu erfassen. Bei den fachlich allgemein anerkannten Standarderfassungsmethoden für Schwanzlurche werden die Gewässer entweder bei nächtlichen Begehungen ausgeleuchtet, oder es werden Molchreusen eingesetzt, die sehr zuverlässig das Vorhandensein von Schwanzlurchen anzeigen.

Diese Untersuchungen bereits schon Ende März bzw. Anfang April durchzuführen, wie vom Planungsbüro in 2000 vorgenommen, können nur durch Zufall, in Abhängigkeit von der Witterung, Ergebnisse liefern.

Eine Erfassung von Schwanzlurchen in ihren Laichgewässern sollte ab Mitte bis Ende April bis ca. Ende Mai erfolgen, da zu dieser Zeit die Aktivität der Molche in den Gewässern am höchsten ist. Daher kann auch der Nachweis nur in diesem Zeitraum sicher erfolgen, vorausgesetzt man möchte zuverlässige und zutreffende Ergebnisse erhalten.

Um seltenere Froschlurcharten (Laubfrosch (Hyla arborea) , Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) , etc.) zu erfassen, bedarf es einer Verhörung in den Dämmerungsstunden an den potenziellen Laichgewässern in den Monaten Mai und Juni eines Jahres. Dieses hat vermutlich gar nicht stattgefunden, jedenfalls finden sich hierzu keinerlei Hinweise des Gutachters, was wiederum ein fachlicher Malus ist.

Die Vorgehensweise des Gutachters bei der Amphibienerfassung zeigt aus unserer Sicht, dass der Auftragnehmer schlicht fachlich ungeeignet war die Erfassung des Amphibienbestandes vorzunehmen.

Eigene Erhebungen:

Um das evtl. tatsächliche Vorkommen von Schwanzlurchen im Bereich der geplanten Westumgehung zu verifizieren wurden vom 23. auf den 24. Mai 2009 bzw. vom 24. auf den 25. Mai 2009 Molchreusen in vier Stillgewässer eingesetzt. Zwei dieser Gewässer sind auch vom Büro Landschaft und Siedlung GbR untersucht worden. In einem Gewässer, für das von dem Planungsbüro in 2000 keine Funde von Schwanzlurchen angegeben wurden, konnten drei Schwanzlurch-Arten nachgewiesen werden. Neben dem Teich- (Triturus vulgaris) und dem Bergmolch (Triturus alpestris) wurde auch der Kammmolch (Triturus cristatus) erfasst.

Schutzstatus des Kammmolches

Letztgenannter Fund ist besonders bedeutsam, da der Kammmolch sowohl in den Roten Listen des Landes NRW (1999) und der BRD (1998) als gefährdete Art aufgeführt wird (Stufe 3). Die Art ist in den Anhängen II und IV der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie als eine europaweit gefährdete Art ausgewiesen und ist daher national und international streng geschützt. Im Anhang IV finden sich u.a. Tierarten, für die spezielle Regelungen des Artenschutzes gelten (vgl. Art. 12ff. FFH-Richtlinie). Die Listung im Anhang II der FFH-Richtlinie bedeutet darüber hinaus, dass für diese Art besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen (vgl. Art. 3 (1) und Art. 6 FFH-Richtlinie).

Folgen für die Planung der Westumgehung

Das Vorkommen des Kammmolches muss durch seinen aktuellen Nachweis im betreffenden Landschaftsraum zwingend im Detail erfasst werden. Dies wird, wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit, frühestens in 2010 erfolgen können.

Das Vorkommen und die Lebensraumansprüche sind auf der Grundlage der FFH-Richtlinie sowohl für die Entscheidung für oder gegen den Bau der Westumgehung von Emsdetten, aber insbesondere bei der Variantenanalyse der Straßentrassen zu berücksichtigen.

Im bisherigen Verfahren sind die Belange des Naturschutzes in keiner Weise angemessen berücksichtigt worden. Es wurde die Variante zur Planungsvariante erklärt, die am weitesten von der Stadt Emsdetten entfernt liegt, den größten Zerschneidungseffekt der freien Landschaft hervorruft und am naturschädlichsten ist. Dabei werden die Zukunftsvisionen der Stadt Emsdetten mit einer weiter wachsenden Bevölkerung (trotz demographischem Wandel), die weitere Wohnbau-, Gewerbe- und Industriegebiete benötigt und damit einer weiteren Verbauung der Landschaft Vorschub leistet, bei der Variantenwahl vordringlich berücksichtigt.

Fazit: Erst das nachgewiesenermaßen methodisch – und damit auch im Ergebnis! – grob fehlerhafte naturschutzfachliche Gutachten aus dem Jahr 2000 konnte die erwünschte Basis für die Diskussion von Planungsvarianten liefern, die es wiederum erlaubte, aus dem vermeintlichen Fehlen „planungsrelevanter Amphibienarten“ (s.o.) sich die ebenfalls nur vermeintliche Freiheit in der Abwägung zuungunsten von Natur- und Umwelt zu schaffen.

Dieses Vorgehen ist mit Blick auf alle relevanten Umweltgesetze, Richtlinien und Vorschriften nicht hinnehmbar.

Es bleibt daher darüber hinaus zu prüfen, ob dieses Vorgehen auf Nachlässigkeit in der Beauftragung oder bei der Durchführung des Gutachtens zurückzuführen sein kann.

Naturverbrauch / Artenschutz

Fledermausvorkommen:

Darüber hinaus ist wie oben dargestellt, der Artenschutzbericht im Detail falsch erstellt worden. Wesentliche Untersuchungsberichte und –ansätze sind falsch.

Uns liegen für den Waldbereich Ahlintel/Sternbusch Hinweise auf das Vorkommen der Mopsfledermaus vor. Diese vom Aussterben bedrohte Fledermausart (Art der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie) ist für das Plangebiet angegeben.

In den Planungsunterlagen finden sich keine Hinweise auf diese Art.

– Nach Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützte Arten:

Laut Art. 12 der FFH-Richtlinie sind jegliche Beschädigung und Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Tierarten des Anhangs IV verboten; nach Art. 13 gilt das auch für das Vernichten von Exemplaren der Anhang IV-Pflanzenarten.

In NRW sind davon 5 Pflanzen- und ca. 50 Tierarten betroffen, darunter alle Fledermaus-Arten sowie weitere Arten wie Kamm-Molch, Laubfrosch, Zauneidechse und Haselmaus.

Die Inhalte der Artikel 12f. FFH-Richtlinie gelten für alle Verfahrensarten, also auch für straßenverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren. Werden durch ein Vorhaben solche Arten beeinträchtigt, darf die Genehmigungsbehörde Ausnahmen bzw. Abweichungen nur unter strengen Bedingungen zulassen.

Erhebliche Beeinträchtigung ergäben sich auch für Amphibien durch Verlust und Beeinträchtigung von Landlebensraum und die potenziellen Laichgewässern.

Der Neubau dieser Trasse wird in drei Bauabschnitte aufgeteilt, in denen sich besondere sensible Naturbereiche befinden.

I.) Wiesengrund /Borghorster. Str: Die Feuchtwiesen in diesem Abschnitt beheimaten Brutpaare u.a. von Rebhuhn und Kiebitz. Zwar werden Kompensationsmaßnahmen durch Neuanlage von Tümpeln, Hecken und Feuchtwiesen im Bereich des Max-Clemens-Kanals geplant. Doch diese Kompensation ist völlig unzureichend, da einerseits, wie auch in der Ausarbeitung festgestellt wird, bei einem Neubau der Straße ein völliger Verlust der Brutpaare an dieser Stelle zu erwarten wäre, andererseits die Verlagerung der Brutregion bestehende dortige Brutkolonien überlagern würde. Die Umsiedlungsmaßnahmen sind unzureichend. Die Auflagen einer künftigen Nutzung der Ackerflächen müssten festgeschrieben werden.

II.) Sternbusch: Die Wald- und Feldholzbereiche am Sternbusch mit den kleinen Teichen und Tümpeln sind Brut- und Nahrungsgebiete vor allem für div. auch seltene und bedrohte Brutvögel wie Gelbspötter, Grünspecht, Turteltaube und auch den verschiedenen Fledermausarten. Die Querungshilfen erscheinen nicht geeignet, den Lebensraum zu erhalten, da dieser Lebensraum als relevant (insbesondere für die Fledermäuse) gilt.

III.) Mühlenbach: Ein besonderes sensibles Naturgebiet befindet sich im Bereich der Mühlenbachaue mit den Altwässern des Mühlenbachs. Amphibien haben hier ihre Laichplätze. Sämtliche landschaftstypischen Vogelarten haben hier Brut- wie auch Nahrungsplätze. Darüber hinaus ist der Bereich für die inzwischen bedrohten bzw. geschützten Arten wie Eisvogel, Turteltaube, Grün- und Kleinspecht, Eulen und Gartenrotschwanz wie auch Sperber der sensible Bereich der Mühlenbachaue ebenso wie für die Fledermausarten von besonderer Relevanz, da hier ihre Nahrungs- und auch Brutplätze nachgewiesen sind. Dieses sensible Gebiet hat eine überregionale Bedeutung als strukturreiche Bachaue für gefährdete Tier und Pflanzenarten.

– Schutz Europäischer Vogelarten

Das Vorhaben widerspricht den artenschutzrechtlichen Schutzvorschriften der EU-Vogelschutzrichtlinie (VS-RL) zu Gunsten europäischer Vogelarten.

Nach Art. 5 der VS-RL treffen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um für alle unter Art. 1 der VS-RL fallenden Vogelarten die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern sowie ihre absichtliche Störung, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielrichtung der VS-RL erheblich auswirkt, zu verbieten.

Europäische Vogelarten sind die „in Europa natürlich vorkommenden Vogelarten im Sinne des Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie“. Das Brutvorkommen zahlreicher Vogelarten im Eingriffsraum wurde bereits in der UVU nachgewiesen (UVS S. 34 ff.), z.B. von gefährdeten Arten wie Nachtigall, Rebhuhn, Steinkauz, Braunkehlchen und Eisvogel. Es ist daher mit Sicherheit anzunehmen, dass Neststandorte von europäischen Vogelarten zerstört werden.

Nach Art. 13 VRL müssen die auf Grund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen sicher stellen, dass es zu keiner Verschlechterung der derzeitigen Lage der Vögel kommt (Gellermann, NuR 2003, S. 392-393). Eine Verschlechterung ist schon dann anzunehmen, wenn sich die Anzahl der die Population bildenden Individuen maßgeblich verkleinert. Dies ist zumindest für die im Beeinträchtigungsraum lebenden gefährdeten Vogelarten der Roten Liste NRW anzunehmen, unter anderem Nachtigall, Rebhuhn, Steinkauz, Braunkehlchen und Eisvogel.

Ein noch so großzügig dimensioniertes Brückenbauwerk kann einer wesentlichen Verschlechterung dieses sensiblen Naturraumes nicht abhelfen. Durch eine Versiegelung und zusätzliche Zerschneidung des Gebietes würde eine nicht zu kompensierende Zerstörung und damit Abwertung dieses natürlichen Kleinodes erfolgen.

Kompensation unzureichend:

In den Planunterlagen wird die Kompensation nach dem Osnabrücker Modell beschrieben, demgemäß erfolgt die Bewertung der Belastungen nicht ausgewogen. In den vorliegenden Erläuterungsberichten wird erklärt, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in einem Zeitraum von ca. 30-35 Jahren ihre Funktionserfüllung aufweisen sollen. Das Verheilen der durch die Überbauung, Versiegelung und Verlärmung entstehenden Wunden im Naturhaushalt soll auf die nächste Generation vertagt und dem Gelingen auf unwägbare Faktoren der nächsten Jahrzehnte vorgetragen werden. Verantwortung ist heute zu übernehmen und aufgrund des wesentlichen Eingriffs in den Naturhaushalt sehen wir diesen Zeitraum als unzumutbar an. Aufgrund der unzureichenden Kompensation ist ein Funktionsausgleich nicht gegeben, daher wird die Baumaßnahme abgelehnt.

Zerstörung des typischen Landschaftsbildes:

Durch die Hochlage dieser geplanten Trasse würde eine Zerschneidung der Landschaft herbeigeführt und die charakteristischen, landschaftsprägenden Sichtachsen verbaut. Insbesondere würde die Bachaue am Mühlenbach durch ein Brückenbauwerk zerstört. Die hohe Qualität des typischen Landschaftsbildes und seine durch die Maßnahme (Straßenhochlage) erhebliche Beeinträchtigung wird betont. I nsgesamt geht durch die Technisierung des Landschaftsbildes aufgrund des geplanten Straßenkörpers die naturästhetische Qualität der Naturlandschaft verloren und ist daher abzulehnen.

Landschaftsbezogene Erholung wurde nicht berücksichtigt:

Der Wert der Landschaft als Naherholungsgebiet (z.B. Lauftreff) findet sich in der Beurteilung nur unzureichend. In Zukunft könnte die K 53n nur an wenigen Kreuzungspunkten (Unter- /Überführungen) gequert werden, um in relativ ungestörte, und nicht von größeren Straßen zerschnittene Landschaft zu gelangen.

Diese Auswirkungen führen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erholungsnutzung.

Rückbau von belasteten Gewässern:

Die Renaturierungsmaßnahmen am Herzbach sind im Rahmen der WRRL sowieso durchzuführen. Wir fordern die Durchführung dieser Maßnahme unabhängig vom Bau der K 53n

Forderung einer nachhaltigen Verkehrsplanung:

Die Kosten der geplanten K 53n für eine Straße dieser Länge und dieses Ausbaustandards wären ungewöhnlich hoch. Darum ist es umso unbegreiflicher, dass nicht versucht wird, diesen Bau zu vermeiden. Emsdetten ist ausreichen mit Straßen versorgt. Durch eine gute Fachplanung wären weitere Straßen vermeidbar, könnten finanzielle und ökologische Ressourcen geschont werden.

Die Naturschutzverbände sind weiterhin gern bereit, sich an einer nachhaltig orientierten sinnvollen Verkehrsplanung aktiv zu beteiligen.

Fazit:

Die Naturschutzverbände des Kreises Steinfurt lehnen den Bau der K 53n Westumgehung Emsdetten sowie die damit verbundenen Änderungen am bestehenden Straßen-, Wege- und Gewässernetz aufgrund des hohen Landschaftsverbrauchs einhergehend mit der Zerstörung der natürlichen Freiräume und Lebensräume vieler Tierarten ab, da

• die vorgelegten Planfeststellungsunterlagen (Artenkartierung) in mehreren Punkten veraltet, fehlerhaft oder unvollständig sind;

• der Eingriff nicht ausgleichbare, irreversible Schäden vor allem im Bereich der Mühlenbachaue verursachen würde;

• die prognostizierte Verkehrsentlastung auf Grund der falschen Verkehrsanalyse und falscher Verkehrsdaten zu bezweifeln ist;

• die Möglichkeit der Verkehrsentlastung nur über eine andere Trasse (ABS oder K) gewährleistet werden könnte;

• die zwingend zu beachtenden europarechtlichen Vorschriften zum Artenschutz einer Planfeststellung des Vorhabens dauerhaft entgegenstehen;

• die veranschlagten Kosten in keinem Verhältnis zum prognostizierten Nutzen stehen;

• die Nachhaltigkeit der geplanten Ersatzmaßnahmen nicht ausreichend gesichert erscheint;

• in der Abwägung das Gewicht der betroffenen Naturschutzbelange unzureichend und unausgewogen gegenüber einem angestrebten verkehrlichen Nutzen erscheint, so dass auch insoweit eine Planfeststellung abzulehnen ist.

Emsdetten, den 25. 05.2009

BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.

NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.

LNU – Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt e.V.

Die Umweltverbände in Emsdetten BUND/NABU

i.A.: Friedel Hesseling

Literatur

Grosse, W.-R. & Günther, R. (1996):Kammmolch – Triturus cristatus. In Günther, R. (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. Gustav Fischer Verlag. Jena.

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) (2006): FFH-Arten und Europäische Vogelarten in NRW (Seite 195/196), Recklinghausen

Thiesmeier, B. & Kupfer, A. (2000): Der Kammmolch. –Ein Wasserdrache in Gefahr.- Laurenti-Verlag, Bochum.

Schlüpmann, M. & Geiger, A. (1999): Rote Liste der gefährdeten Kriechtiere (Repti­lia) und Lurche (Amphibia) in Nordrhein-Westfalen. 3. Fassung. In: LÖBF/LAfAO NRW (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 3. Fassg.-LÖBF-Schr.R. 17: 375 – 404

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